REISEBERICHTE

GESCHICHTEN VERGANGENER LERNREISEN

 

Jede Lernreise zu ausgezeichneten Schulen in Deutschland hat ihre ganz eigenen Geschichten. Genauso wie diejenigen, die mitgereist sind. Hier sollen diese Geschichten ihren Platz finden und erzählt werden. Um anzuregen, um zu inspirieren, um zu ermutigen.

Du hast eine persönliche Geschichte Deiner eigenen Lernreise, die Du hier gerne teilen möchtest? Schreib uns gerne an info@prinzip-lernreise.de und wir melden uns bei Dir!


 EIN LERNREISETAG DURCH PIERRES AUGEN

"WENN WIR UNS STREITEN: DA SEIN."

 

 

Aus dem Blog der Lernreisegruppe der Humboldt-Universität vom März 2015. Pierre war einer von drei Gruppenleitern dieser Gruppe und gestaltete dabei sowohl das Vor- als auch das Nachbereitungsseminar. Auf der Lernreise selbst war er gleichzeitig Teilnehmer und Begleiter.

 

Aus dem Notizbuch von Pierre (17.03.2015): Über den Besuch an der Schule "Am Park" in Behrenhoff (Preisträger, Deutscher Schulpreis 2012)

 

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6:10 Erstes Gemurmel im Flur wahrzunehmen. Weckertöne bisher recht melodisch.

 

7:20 Die letzten kommen zum Frühstück. Tee und geretteter Joghurt werden verzehrt. Die Stimmung ist ausgelassen. Trotz nur einem Bad für 14 Menschen. Bravo!

 

7:35 Auch der letzten Matratze entweicht die Luft. Angesetzte Abfahrt 7.40. Wird eng.

 

7:45 Lunchpaketevermisstenanzeigen. Einigung auf Vertrauen, dass das schon wieder auftauche.

 

7:55 Abfahrt mit allem Gepäck. Und allen Menschen. Tschüss Greifswald.

 

8:10 Hallo Schule Nummer 1! Pünktlich bei der ersten Schule sein. Check.

 

8:16 Erste Worte von Frau Schmid – der Schulleitung der Schule „Am Park“: „Ich habe mal einen Satz gehört, den ich sehr gut fand. Eine Schule sieht so aus, wie die Schulleitung ist. Aber da kriege ich ein schlechtes Gewissen, denn dieses Schulgebäude ist wirklich schmuddelig. Wir haben alles getan, was wir konnten und tun es noch immer. Die Wände haben wir Lehrkräfte gestrichen, auch die Gardinen genäht. Weiter kamen wir nicht.“ Finden wir voll ok.

 

8:20 Frau Schmid erzählt von Todesfällen durch Deo-Schnüffeln, narbenübersäten Armen, Schüler_innen, die täglich 2-3 Stunden Fahrtweg auf sich nehmen, um zu dieser Schule gehen zu können, Biographien voll Trennungsschmerz, die hier in Klassenräumen zusammensitzen. Es sind Geschichten von Beziehung statt Erziehung. Von Aufnehmen statt Aufgeben.

 

8:30 100 Kinder mit häufig schweren Verhaltensauffälligkeiten besuchen die Schule „Am Park“. Immer und immer wieder wird hier das Paradoxe errungen: Unbeschulbare werden beschult. Werden gesehen. Werden erlaubt. Werden ernstgenommen. Werden bei Wut gehalten.

 

8:43 „Ich war Schiffsbauschlosser…und habe alle Schweißpässe. Natürlich weiß ich davon heut nichts mehr. Aber dann wurde ich Lehrerin, unterrichtete an vielen Schulen. Und Schulleiterin wollte ich nie werden, aber als Lehrerin habe ich gelernt, wie ich als Schulleiterin nicht sein will. Verstehen Sie? Hier bei uns werden die Türen nicht zu gemacht, wenn es Schwierigkeiten gibt, sondern weit aufgerissen.“

 

 

Wie der Tag weiterverlief und wie Schüler*innen der 4. Klasse unsere Frage nach den Kriterien eines guten Lehrers beantworteten, kannst Du hier nachlesen: Lernreise



LARAS ANALYSEVERSUCH DER LERNREISEEINDRÜCKE

KÖNNEN WIR VON EXTREMEN LERNEN? EIN ORIENTIERUNGSVERSUCH.

 

Lara war Teil der Lernreisegruppe 'kreidestaub', die im März 2015 gereist ist.

 

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Uns schwirrt der Kopf. Seit 10 Tagen sind wir unterwegs, fünf von sechs Schulen haben wir schon gesehen. Nach jedem Besuch versuchen wir in stundenlangen Reflexionsphasen das Erlebte einzuordnen. Wir wollen in der Zeit, die uns zur Verfügung steht, die jeweilige Schule so gut wie möglich verstehen. Welche Prinzipien sind allgemeingültig? Welche Konzepte übertragbar? Dieses Filtern ist sehr schwierig. Denn natürlich hat jede Schule ihr eigenes Ökosystem, jeder Ort hat seine ganz individuellen Begebenheiten und Herausforderungen und was an der einen Schule wunderbar funktioniert, sorgt an der anderen vielleicht für Verwirrung.

 

Unterschiedlicher könnten die Schulen, die wir besuchen, auch fast nicht sein. Im Vorfeld hatten wir uns für eine große Bandbreite an Lernorten entschieden und jetzt, in Diskussionen und langen Gesprächen, haben wir den Salat. Kann man eine Hauptschule in Harsewinkel mit dem multinationalen United World College in Freiburg vergleichen? Was, um alles in der Welt, hat besagtes College, ein Internat an dem in zwei Jahren alle Schüler_innen einen internationalen Abschluss absolvieren, mit dem Oberstufenkolleg in Bielefeld zu tun, an dem jeder junge Erwachsene für sich selbst entscheiden kann, ob er oder sie heute lernen möchte oder nicht? Der morgige Besuch einer humanistischen Grundschule bringt uns dann doch bestimmt komplett aus dem Konzept.

 

Oder?

 

Auf den ersten Blick haben diese Schulen tatsächlich nicht viel miteinander zu tun. Zu unterschiedlich sind die Bedürfnisse der Schülerschaft und die finanzielle Situation und Struktur der Schule.

 

 

Welche Gemeinsamkeiten kann Lara doch noch entdecken und ob das überhaupt die angemessene Frage ist? Finde es heraus: Kreidestaub



CYRILLS RÜCKBLICK AUF SEINE LERNREISE 

SCHLAFMÜTZEN UND WECKER-HASSER

 

Cyrill nahm im März 2015 an der Lernreise Teil, die im Rahmen des Projekttutoriums (siehe Neuigkeiten) an der Humboldt-Universität geplant und durchgeführt wurde.

 

Was mich die Nächte über unsere Arbeitseffizienz gelehrt haben – ein Rückblick von Cyrill.

 

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Greifswald, Sonnenschein und T-Shirt-Wetter, unsere Reise beginnt. Noch bevor wir über die erste Schule reden, reden wir über uns: Stress, wo er herkommt und wie man auf ihn reagiert.

 

„Ich muss jede Nacht mindestens 8 Stunden schlafen, sonst bin ich gestresst.“

 

„Morgens ist mir ein gemütliches Aufstehen wichtig, ich mag es überhaupt nicht, geweckt zu werden – durch Menschen, scheinbar witzige Lieder oder durch gesnoozte Wecker.“

 

„Wenn ich Hunger habe, dann werde ich unerträglich und schlecht gelaunt.“

 

Diese Reihe lässt sich beliebig fortsetzen.

 

Zugegeben, ich frage mich zu diesem Zeitpunkt: Wozu das Ganze? Muss ich mir jetzt jedes Wehwehchen anhören? Das ist doch unnötig, zumal könnten wir in der Zeit doch super draußen in der Sonne entspannen.

Jetzt ist es schon Tag 4, die ersten Gedanken um die Gruppendynamik kreisen durch den Kopf. Problemlos war’s, keine Konflikte kochen hoch und das, obwohl wir uns die erste Nacht nur ein Bad mit Dusche teilten und die nächsten beiden Nächte zwar einen großen Waschbereich, aber keine Dusche hatten.

 

An Tag 5 in Hamburg ist es dann soweit. Die Schule sagt uns die Hospitation ab. Nach einem Gespräch mit einem Lehrer und einer Führung durch die Räume sind wir schon mittags fertig. Ein Teil der Gruppe möchte jetzt Freizeit machen und am Abend arbeiten, ein anderer Teil jetzt arbeiten und später Freizeit haben. Wir beginnen, uns ins Wort zu fallen, die Stimmung ist gereizt, einige fühlen sich angegriffen. In meinen vorherigen Gruppenerfahrungen ist die Atmosphäre an solchen Stellen gekippt, erste Verfeindungen geschaffen.

Jetzt kommt der Vorschlag: Ein Stimmungsbild machen, bei dem jeder die Gelegenheit bekommt, auszusprechen, wie es ihm geht und wie es nun nach der eigenen Meinung weitergehen würde. 

 

… 

 

Ob sich die angespannte Spannung dadurch wieder lösen konnte und welche Erkenntnis Cyrill für sich und zukünftige Teamarbeit mitnanhm, kannst Du hier weiterlesen: Lernreise